Fellbach, Sonntag, 10. November 2013 Der Kammerchor gastierte anlässlich des 150-jährigen Kirchenjubiläums in Fellbach und musizierte vor gut 500 Zuhörern ganz im Geiste des barocken Meisters Johann Sebastian Bach "Soli Deo Gloria", Gott allein zur Ehre.
Die Musik des Leipziger Thomaskantors stand denn auch im Zentrum des Programms, bei dem deutlich wurde, welch große schöpferische Kraft in seinen Werken liegt. Nicht umsonst kam schon Ludwig van Beethoven beim Studium der Bach’schen Musik angesichts der Vielfalt und des Tiefgangs der Kompositionen zu dem Schluss: "Nicht Bach, sondern Meer sollte er heißen". Zu Beginn des Jubiläumskonzertes zeichnete Apostel Jürgen Loy in seinem Grußwort die Geschichte der Neuapostolischen Kirche nach und ging dabei auch besonders auf die Anfänge der Kirche Mitte des 19. Jahrhunderts ein und hob hervor: "Das Jubiläumskonzert steht für unsere Dankbarkeit dem dreieinigen Gott gegenüber, aber auch für die Wertschätzung der Glaubenspioniere.
Wir schauen mit Bewunderung und auch in Dankbarkeit zurück auf die Anfänge. Gläubige Männer und Frauen haben unter großem persönlichem Einsatz Aufbauarbeit geleistet. Zum Programm bemerkte der Apostel: "Die Bachkantate: " Gottes Zeit ist die allerbeste Zeit " – gibt uns den Anstoß, unser Leben nicht als unseren Besitz, sondern als Geschenk Gottes zu verstehen - als Geschenk einer begrenzten Zeit, die uns anvertraut ist. Gottes Zeit ist Gnadenzeit, die über das Vergängliche hinaus wirkt. Die Motette: " Jesu meine Freude " von J.S. Bach vertont einen Text von Johann Franck, den dieser im Jahre 1653 geschrieben hat – kurz nach Ende des 30-Jährigen Krieges, dessen Schrecken er hautnah miterlebt hatte. Trotz Elend, Not, Kreuz, Schmach und Tod soll nichts von Jesu scheiden. Im Text sind auch Passagen aus dem Römerbrief des Paulus enthalten. Aus diesen strahlt auf, dass der Mensch nicht nur ‚fleischlich‘, sondern durch Gottes Geist auch ‚geistlich‘ ist – zur Auferstehung zum ewigen Leben. Am Ende des Konzerts lädt uns der Kammerchor zu einem Gebet ein - nach den Worten Martin Luthers: " Verleih uns Frieden gnädiglich". Mit dieser Einführung in das Konzert verband der Apostel seinen Wunsch an die Konzertbesucher: "Lauschen Sie, Singen und beten Sie – innerlich – doch einfach mit".
Eingebettet in das Kirchenjahr stand das höchst anspruchsvolle Programm somit ganz im Zeichen der Reflexion über die Vergänglichkeit des Menschen. Die Bach’sche Kantate "Gottes Zeit ist die allerbeste Zeit", die in der Musikliteratur auch als "Actus tragicus" bezeichnet wird, bildete den Auftakt für ein Konzert, das den Blick vor allem nach innen richtete. So formulierte Tobias Liebelt (Tenor) als mahnende Bitte "Herr, lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen." Wer nun aber etwa zum Schluss gekommen wäre, dass Bach in seinem Werk vor allem der Hoffnungslosigkeit und der Trübseligkeit das Wort redete, wurde spätestens im Schlusschoral der Kantate "Die göttlich Kraft mach‘ uns sieghaft durch Jesum Christum. Amen" eines besseren belehrt. Die klare Ausrichtung auf Jesus Christus hin stand für Bach ins seinem kirchemusikalischen Schaffen immer an oberster Stelle und wurde anschließend dann auch noch in seiner berühmten Motette "Jesu, meine Freude" deutlich.
Musikalisch überzeugte der rund 30-köpfige Kammerchor unter der Leitung von Jens Paulus auf ganzer Linie. Besonders beeindruckend war die präzise gearbeitete Artikulation, die gleichsam dem Text eine unverwechselbare interpretatorische Note verlieh. Mal kraftvoll zupackend, mal lyrisch den großen melodischen Bogen aussingend, zeigte sich der Kammerchor singtechnisch sehr variabel und klanglich sehr ausgewogen. Selbst die höchst anspruchsvollen polyphonen Passagen der Bach’schen Motette gelangen dem Chor gut. Zum rundum gelungenen Gesamtbild trugen auch die Solisten Anja Jäger (Sopran), Fabienne Loy (Alt), Tobias Liebelt (Tenor) und Christoph Schweizer (Bass) ihren Teil bei. Sie alle agierten auf künstlerisch hohem Niveau und musizierten ihre Soloparts souverän. Selbiges galt auch für das kleine Barockensemble, das die Chorsätze und Solopartien sehr präsent begleitete und im Zusammenwirken aller musikalischen Akteure eine wichtige Rolle spielte.
Abgerundet wurde das Konzertprogramm mit dem "Präludium G-Dur" für Orgel von Felix Mendelssohn Bartholdy, das Andreas Bürger gekonnt intonierte und die Fellbacher Pfeifenorgel facettenreich in Szene setzte. In der Choralkantate "Verleih uns Frieden" nach den Worten von Martin Luther wurde abschließend dann die Zuversicht gestärkt, dass es keine andere Macht geben könne, denn "unseren Gott alleine", der für uns streitet und letztlich obsiegt. Derart eingestimmt und gestärkt spendeten die Zuhörer langanhaltenden Applaus für ein würdiges Jubiläumskonzert, das auch hohen Ansprüchen genügte und dabei das Innerste anrührte.